Wird Soli gekippt?
Kein Soli mehr auf Dividenden?
Heute verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Solidaritätszuschlag. Hintergrund ist eine Verfassungsbeschwerde. Das Urteil beträfe auch die Besteuerung auf Dividenden, die wegfallen würde.
Der Kern der Klage: Erfüllter Zweck und Ungleichbehandlung
Die Beschwerdeführer argumentieren, dass der Soli nach dem Ende des Solidarpakts II Ende 2019 verfassungswidrig geworden sei, da der ursprünglich zur Finanzierung der Wiedervereinigung gedachte Zweck inzwischen erfüllt sei. Zudem werfen sie dem Gesetzgeber eine ungleiche Behandlung von Steuerzahlern vor, da seit 2021 nur noch rund 10 Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen, vor allem höhere Einkommensgruppen, den Zuschlag vollständig zahlen. Diese Staffelung des Soli wird von den Klägern als verfassungswidrig und sozial ungerecht bezeichnet.
Aktuelle Regelung und politische Brisanz
Seit der letzten Reform zahlen nur noch etwa 900.000 Steuerpflichtige den vollen Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent. Rund 90 Prozent der Steuerzahler wurden durch eine Erhöhung der Freigrenze von der Abgabe befreit. Im Jahr 2023 brachte der Zuschlag dennoch über elf Milliarden Euro in die Staatskasse – eine Summe, die der Bund nicht ohne weiteres ersetzen könnte, sollte das Gericht die Abgabe kippen.
Für die Kläger, darunter prominente FDP-Abgeordnete, sei es unverhältnismäßig, eine Ergänzungsabgabe ohne konkretes Verfallsdatum aufrechtzuerhalten, zumal das Bundesverfassungsgericht in früheren Urteilen betonte, dass solche Abgaben nicht dauerhaft erhoben werden sollten.
Die Haltung der Bundesregierung
Mit Spannung wird auch erwartet, wie sich das Bundesfinanzministerium in der Verhandlung positionieren wird. Unter der Leitung von Jörg Kukies, einem engen Vertrauten von Bundeskanzler Olaf Scholz, könnte die Regierung diesmal eine defensivere Haltung einnehmen. Ursprünglich war der frühere Finanzminister Christian Lindner (FDP) ein Kritiker des Soli; Kukies könnte jedoch nun argumentieren, dass die Abgabe noch zeitlich befristet bestehen bleiben kann, um fiskalische Stabilität zu gewährleisten.
Die juristische Einschätzung und Chancen der Kläger
Obwohl das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil von 1972 keinen festen Zeitrahmen für Ergänzungsabgaben vorgab, hält es eine Abschaffung für möglich, sollte der ursprüngliche Zweck „evident entfallen“. Die Kläger sehen hierin einen Hoffnungsschimmer und pochen darauf, dass der Wegfall des Solidarpakts II diesen Punkt erfüllt. Andererseits signalisiert die allmähliche Rückführung des Soli durch den Gesetzgeber, dass der Zuschlag befristet ist – eine Haltung, die das Gericht möglicherweise unterstützt.
Sollte das Bundesverfassungsgericht das Argument der Ungleichbehandlung ernst nehmen, könnte dies weitreichende Konsequenzen haben. Der „Soli“ würde dann möglicherweise nicht aufgrund seines Zwecks, sondern wegen seiner Ungleichverteilung für verfassungswidrig erklärt.